Wir leben in
einer Zeit globalen Wandels. Nie zuvor hat es auf der Erde in so kurzer Zeit so viel
Veränderung gegeben. Alles transformiert sich. Strukturen und Werte, die über lange Zeit
Kultur und Leben geprägt haben, zerfallen. Wo dem Wandel noch getrotzt wird, kommt es oft
zu Verhärtungen und man versucht mit viel "Fassadenarbeit" das alte Bild
aufrechtzuerhalten. Doch wer genauer hinschaut stellt fest: der Wurm sitzt auch dort schon
längst im Gebälk - der Zerfall kommt von allen Seiten, auch von innen und er wird sich
letztlich nicht mehr aufhalten lassen.
Die Auflösung
gewohnter Strukturen erzeugt Ungewissheit und macht Angst. Man möchte sich gerne an
irgend etwas festhalten und wieder eine Orientierung haben. Allenfalls eben eine
Neuorientierung. Dieser Schwund alter Ordnungen lässt auch ein Art Vakuum für neue
Leitbilder entstehen, und es ist eine Eigentümlichkeit des Vakuums sich ganz von selbst
zu füllen. Wir brauchen also die Suche nach neuen Leitbildern nicht zu forcieren. Es ist
angebrachter innezuhalten und uns einige Fragen zu stellen.
Leitbilder kanalisieren Energie
Bei der Frage was
ein Leitbild eigentlich ist, fielen mir verschiedene synonyme Begriffe ein (Idealbild,
Vision, Wunschtraum, Lebensaufgabe, Zielvorstellung) und ich merkte, dass es eigentlich
unzählige Leitbilder im weiteren Sinne gibt. Ihr Ursprung und ihre Entstehung kann ganz
verschieden sein, ebenso der Zweck, dem sie dienen. Leitbilder können bewusst oder
unbewusst sein. Sie können inspiriert, konstruiert, von anderen freiwillig übernommen
oder zwangsläufig eingeprägt sein. Ihre Funktion ist aber stets die gleiche: sie lenken
oder kanalisieren Energie in eine bestimmte Richtung. Dasselbe tun unsere Hände beim
Reiki-Praktizieren. Aber es gibt entscheidende Unterschiede. Die Reiki-Energie beziehen
wir aus der Quelle und wir haben die Gewissheit, dass zumindest der Ursprung rein ist. Bei
Leitbildern ist das anders. Hier wird unsere persönliche Energie kanalisiert und es ist
nicht einmal sicher, ob dieser Energiefluss mit dem Ganzen in Harmonie ist. Ein weiterer
Unterschied ist, dass wir die Lebensenergie in der Regel willentlich kanalisieren. Wir
entscheiden uns, die Hände aufzulegen. Übernommene Moralvorstellungen und Wertungen
hingegen tragen wir meistens unbewusst in uns. Von der Funktion her sind sie gleichfalls
Leitbilder, auch wenn man sie nicht als solche bezeichnet. Sie kanalisieren unsere Energie
ebenfalls, wenn auch auf ungewollte und unkontrollierte Weise. Die Psychoanalyse hat
gezeigt, dass die Macht solcher Bilder hauptsächlich darin liegt, dass wir sie nicht als
solche erkennen und ihrer nicht bewusst sind. Leitbilder waren und sind stets um uns und
beeinflussen unser Leben. Wir wachsen mit ihnen auf, werden durch sie geprägt und
geformt, oftmals ohne dies zu merken. Wenn wir uns gegen sie wehren, gehen wir manchmal in
so starken Widerstand, dass wir in die Gegenrichtung beeinflusst werden. Gelingt es uns
mehr Bewusstheit über diese Bilder zu erlangen, können wir die gebundene oder ungünstig
kanalisierte Energie wieder konstruktiv einsetzen.
Fragen:
Mit welchen Leitbildern bin ich unterwegs? Passen sie wirklich
zu meinem Kern oder sind sie nur Teil meiner Persönlichkeit? Kommen diese Leitbilder von
innen oder von außen?
Die
Schattenseite Die
Schattenseite
Leitbilder
verkörpern meistens etwas Gutes. Sie stehen für Ziele, Ideale oder Vorstellungen, die es
zu realisieren oder erfüllen gilt. Leitbilder geben den Weg oder die Richtung an und
haben somit eine Führungsfunktion. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sie auch
Schattenseiten haben. Hohe Ideale können beispielsweise zu einer mächtigen Axt werden,
welche die Welt in gut und böse aufteilt. Solche Wertungen erzeugen Unbewusstheit. Was
als schlecht, böse oder negativ erscheint, wird nicht geliebt sondern verdammt. Es
muss
ein Schattendasein im Unterbewusstsein führen und genau dadurch erhält es eine ungeheure
Macht über uns. Als Beispiel seien hier die Fälle sexuellen Missbrauchs an Kindern durch
Geistliche erwähnt.
Unsere Ängste und
das was wir nach aussen hin bekämpfen und verurteilen, sind oft ein guter Indikator für
Inhalte, die ins Unterbewusstsein abgedrängt worden sind. Der Schlüssel zu einer
besseren Welt sind nicht neue Ideale und Werte, sondern mehr Bewusstheit und Liebe. Die
Bereitschaft zu lieben und anzunehmen, kann uns zu mehr Bewusstheit und Verständnis
führen. Dies wiederum versetzt uns in die Lage, noch mehr zu lieben und anzunehmen und
noch bewusster zu werden usw. , bis wir frei von Urteilen und Schatten sind. Es gibt einen
genialen zeitlosen Leitsatz, der wertfrei ist: Liebe Gott über alles und deinen Nächsten
wie dich selbst.
Fragen:
Was kann ich am wenigsten tolerieren und welche Bilder oder
Wertvorstellungen stecken dahinter? Inwiefern schränken diese Ideale und Vorstellungen
meine Bewusstheit, meine Liebe und Akzeptanz gegenüber Gott, mir selbst und meinen
Mitmenschen ein?
Trägheit der Masse
Leitbilder
können rein persönlich sein, eine Gruppe, eine Nation oder sogar die kollektive
Menschheit betreffen. Es gibt sie auch im Tierreich. Hier werden sie durch das Leittier
verkörpert, dem die Herde bekanntlich blindlings folgt. Darin zeigt sich eine
grundsätzliche Gefahr von Leitbildern. Was, wenn die Richtung nicht stimmt und wir durch
das Leitbild in die Irre geführt werden? Was, wenn wir dies zwar merken, aber mitten in
der Herde sind? Wie in der Physik gilt auch hier: jede Masse ist träge - und - je
größer die Masse, desto größer ihre Trägheit. Bewegt sich eine große Masse in eine
ungünstige Richtung, so wird eine Korrektur schwierig. Bekanntlich sind wir bereits in
einigen Bereichen mit diesem Problem konfrontiert. Das materialistische Ideal des
Wohlstandes z. B. hat Auswirkungen auf die Umwelt, die einen Kurswechsel erfordern. Es
gäbe viele andere Beispiele, die nach einer Neuorientierung verlangen, doch ist es schwer
die eingeschlagene Richtung zu verlassen, wenn der Hauptstrom der Herde weiterhin
geradeaus rennt.
Fragen:
Von welchen kollektiven Leitbildern bin ich
beeinflusst? Wie
gut kann ich innerhalb des Stroms spüren, ob die eingeschlagene Richtung stimmt? Könnte
ich innehalten und umkehren oder würde ich mitgerissen? Welche Maßnahmen
muss ich
diesbezüglich treffen?
Richtiger
Einsatz
Leitbilder können
auch sehr nützlich sein. Sie können uns helfen ein bestimmtes Ziel anzustreben und zu
verwirklichen. Wir können sie uns selbst erschaffen und sie gezielt zur Motivation
einsetzen. Um kurz- oder mittelfristige Ziele zu erreichen, sind ein wertvolles
Instrument. Leitbilder lassen sich auch für inneres Wachstum einsetzen.
In der Psychosynthese wird die Erweiterung des
Bewussten Selbst oder
"Ich" (1) in das Höhere Transpersonale Selbst (3) hinein zum Teil
bewusst mit
Hilfe eines Leitbildes (2) angestrebt. Das Ziel, das Höhere Transpersonale Selbst, wird
in der Regel nicht direkt, sondern über mehrere Stufen erreicht. Diese Zwischenstadien
bedeuten neue Identifikationen. Die Annäherung geschieht über ein Idealbild einer
gewünschten Persönlichkeit, die dem psychologischen Typus angemessen ist und das Ideal
im Leben anwendbar machen. Ein wirkliches Idealbild hat eine dynamische kreative Kraft. Es
konzentriert die Energien, erzeugt Freude, Zuversicht und erleichtert die Aufgabe. Diese
Projektion des eigenen Zentrums nach außen kann für eine bestimmte Zeit eine durchaus
befriedigende Form indirekter Selbstverwirklichung darstellen. Wichtig dabei ist,
dass man
ein klares Bild von sich selbst entwerfen kann. Dieses Bild sollte realistisch,
authentisch und zumindest bis zu einem gewissen Grad verwirklichbar sein. Ferner ist
darauf zu achten, dass es nicht starr, sondern flexibel ist und gegebenenfalls völlig
verändert werden kann. Folgt man mit großer Strebsamkeit einem Leitbild, besteht die
Gefahr, für neue und andere Inspirationen "dicht" zu werden. Man kann auch
eingebildet werden und sich für etwas Besseres halten, wenn das Ziel erreicht ist.
Manche Menschen
finden es schwierig, ein Leitbild zu formulieren und ziehen es vor, das höhere Selbst (3)
auf passive Weise über Empfänglichkeit und Hingabe zu erreichen. Sie möchten ihr Leben
ganz durch den Willen Gottes leiten lassen. Hinter dieser Haltung kann aber auch Angst
stecken, die Angst etwas Falsches zu machen oder zu Straucheln. Die passive Methode ist
jedoch auch nicht ohne Risiken. Es besteht sogar die Wahrscheinlichkeit, gewisse Impulse
als Intuition und höhere Eingebungen zu akzeptieren, die in Wirklichkeit durch
unbewusste
Kräfte und Bedürfnisse bestimmt sind, welche der passiven Haltung entspringen. Es ist
also bei beiden Methoden ratsam, wachsam zu sein.
Reiki verbindet
diese beiden konträren Methoden auf wunderbare Weise. Der spirituelle Aspekt lädt uns
ein, durch das Praktizieren Empfänglichkeit und Hingabe zu üben und so dem Höheren
Selbst zu erlauben uns immer mehr und tiefer zu durchdringen. Der weltliche Aspekt, die
Form des USUI-Systems ist ein Konzept, mit Leitbild-Charakter. Es ist ein Werkzeug, über
welches die spirituelle Energie in der Materie Fuss fassen kann. Für viele Menschen haben
die Reiki-Grade eine Art Leitbildfunktion. Sie verkörpern Etappenziele mit denen man sich
identifizieren kann (der Heiler, der Lehrer, der Meister). Diese Ziele können hilfreich
sein, solange sie ausserhalb von uns sind und uns zur Ausbildung wünschenswerter
Fähigkeiten motivieren. Bei der Ännäherung an das Idealbild muss man jedoch aufpassen,
dass es sich nicht nach innen richtet und der Einbildung dient.
Fragen: Nutze
ich meine schöpferischen Fähigkeiten gebührend und verwende kraftvolle Leitbilder auf
dem Weg meiner Verwirklichung? Sind meine Leitbilder authentisch, realistisch und flexibel
genug? Bin ich noch empfänglich für neue andere Inspirationen? Bin ich zu passiv in
meiner Entwicklung und setzte mir selbst keine Ziele? Habe ich Angst davor Leitbilder zu
benutzen und Verantwortung für die Gestaltung meines Lebens zu übernehmen? Welcher
Aspekt von Reiki hat mich ursprünglich mehr angezogen und wie verhält es sich jetzt? Bin
ich frei von Einbildung geblieben?
Leitbild und Vision
Wenn Leitbilder für
das Individuum von Nutzen sein können, sollten wir dann nicht doch möglichst bald die
alten zerfallenden Wertvorstellungen durch neue gemeinsame Leitbilder ersetzen? Wir
könnten so der Zukunft eine gewünschte Richtung zu geben und sie aktiv mitgestalten. Ich
glaube sogar, dass die heutige Zeit mit ihren Herausforderungen u. a. genau dazu da ist,
unsere schöpferischen Fähigkeiten vermehrt einzusetzen. Es gibt hier jedoch etwas zu
beachten, das zunächst noch näher definiert werden muss. Hierzu unterscheide ich
zwischen Leitbild und Vision. Leitbilder definiere ich als ein sprachlich formulierte und
kommunizierbare Konzepte. Sie sind nicht abstrakt, sondern konkret. Es kann ihnen zwar
eine Vision zugrunde liegen, deren spezielle Qualität jedoch durch die konkrete
sprachliche Formulierung verloren geht. Leitbilder werden oft auch ohne Vision formuliert.
Der Verstand analysiert die Vorgänge anhand der aktuellen Situation und macht eine
lineare Projektion in die Zukunft. Er arbeitet ein Konzept aus, um ein gewünschtes Ideal
oder Ziel zu erreichen. Für kurzfristige Aufgaben ist das sehr zweckdienlich. Je
konkreter das Konzept, desto brauchbarer ist es für die praktische Umsetzung. Bei mittel-
oder langfristigen Zielen sollte man aber vorsichtig sein. Dem Verstand fehlt es an der
übergeordneten Sicht. Er strebt auf dem kürzesten Weg seinem Ziel zu und sieht nicht,
dass sich in anderer Richtung von selbst eine Öffnung auftut. Er arbeitet nach seinen
Gesichtspunkten und nutzt die höheren Möglichkeiten nicht (siehe Skizze).
Man kann es auch so
ausdrücken: die Vision bezieht sich im Unterschied zum Leitbild auf eine andere
Dimension. Sie kommt von "oben/innen", das Leitbild von
"unten/außen". Ein einzelner Mensch kann mit seiner Vision in Verbindung sein,
ohne sie zu einem konkreten Leitbild zu formulieren. Er kann sich darin üben, die feinen
Impulse vom Höheren Selbst, wahrzunehmen, die ihn seiner Vision näherbringen.
Bei einem
gemeinsamen Leitbild wird die sprachliche Beschreibung zwingend. Es muss eine gewisse
Festlegung stattfinden, die wiederum konzeptionell ist und Trägheit gegenüber
Anpassungen oder Korrekturen aufweist. Leitbilder können Menschen mit ähnlichen Visionen
zusammenführen und eine große Kraft entfalten. Sie haben aber auch eine Anziehung auf
jene, die mit sich selbst kaum in Kontakt sind und keine Vision oder Lebensaufgabe haben.
Solche Menschen klammern sich gerne an das äußere Konzept des Leitbildes und können zu
fanatischen Verfechtern und Dogmatikern der Sache werden.
Visionen sind
multidimensional
Die Vision ist eine
Eingebung, eine Inspiration oder ein irrationaler Impuls, der aus einer Bewusstseinsebene
jenseits des Verstandes kommt. Man kann sie mit einem Bild vergleichen, das jenseits von
Raum und Zeit existiert und gleichzeitig mehrere Facetten aufweist. Eine Vision kann sehr
klar und trotzdem kaum mit Worten fassbar sein. Sie ist eben kein Ding, das mit unserer
dreidimensional strukturierten Sprache beschreibbar wäre, sondern ein multidimensionales
Schwingungsmuster. Eine Vision direkt zu beschreiben, bedeutet ihre Vibration dingfest zu
machen; es bedeutet, sie in die dritte Dimension hinein zu verdichten. Die Worte Dichter
und Dichtung bringen dies zum Ausdruck. Ein Seher wird beim Vermitteln seiner Schau zu
einem Dichter. Es gibt Wege mittels abstrakter Umschreibungen die verschiedenen Facetten
einer Vision zu erhalten. Erleuchtete haben deshalb oft in Gleichnissen gesprochen.
Hätten sie den Versuch unternommen, ihre Einsicht zu konkretisieren, so wäre das
multidimensionale Schwingungsmuster zu einem dreidimensionalen Konzept kollabiert. Die
Ursachen hierfür liegen in unserem Verstand und der dreidimensionalen raum-zeitlichen
Hintergrundstruktur unserer Sprache.
In der Quantenphysik
findet sich eine interessante Analogie zu diesem Verdichtungsakt. Will der Physiker
feststellen, wo sich ein subatomares Teilchen befindet, muss er es über eine Messung
"dingfest" machen. Vor der Messung existiert das "Teilchen" als
multidimensionales Schwingungsmuster, das mathematisch als Wahrscheinlichkeitswelle
beschreibbar ist. Es ist also kein festes Partikel; seine Existenz ist wolkenhaft diffus.
Erst durch die Messung kollabiert diese Vibration zu einem dreidimensionalen Faktum. Es
ist, als ob der Physiker die mehrdimensionale Wirklichkeit des "Teilchens" mit
seinem Messgerät und seiner Beobachtung in die dritte Dimension hinein zerrt und damit
seine physische Existenz miterzeugt. Diese Tatsache hat bekanntlich das wissenschaftliche
Welt- oder Leitbild erschüttert und verlangt einen umfassenden Paradigmenwechsel.
Zwischen den
Welten
Trotz den
revolutionären Erkenntnissen der Quantenphysiker, erfahren wir die Materie nach wie vor
als sehr dicht und massiv. Haben sich die Physiker geirrt? Warum trifft das, was für ein
einzelnes Teilchen gilt auf eine Ansammlung von vielen Atomen nicht mehr zu? Warum
schmerzt mich meine große Zehe, wenn ich sie an der Türschwelle anstoße? Wie ist diese
kollektive Festigkeit der Materie entstanden, wenn sie doch im Einzelnen nur dann
erscheint, wenn man sie durch Konkretisierung erschafft? Liegt ihr etwa ein kollektives
Leitbild zu Grunde? Warum entdeckt man gerade jetzt, wo alles im Umbruch ist, daß die
Materie eine Illusion ist, wie die Mystiker schon früher behauptet hatten? Warum kommt
das Thema Multidimensionalität aus allen Ecken auf uns zu (Reinkarnation,
mehrdimensionale physikalische Theorien, parallele Welten, Zeitreisen, Virtual Realities
usw.). Kann es sein, dass dies Anzeichen sind für einen Übergang in eine neue Welt?
Viele von uns wissen
oder spüren, dass etwas Altes zu Ende geht und etwas Neues kommt und es geht uns nicht
nur gut damit. Es ist manchmal, als ob man sich zwischen zwei Welten befindet.
Fragen: Was
kann ich tun, um die Transformation zu unterstützen? Warum bin ich gerade jetzt hier? Was
ist meine Aufgabe? Wie finde ich zu meiner Vision?
Die Suche nach der
eigenen Vision
Die Visionssuche war
bei vielen Indianerstämmen üblich. Für Männer war sie sogar obligatorisch. Um den
Empfang einer Vision zu begünstigen, bereitet man sich - wie es Usui einst tat -
entsprechend vor. Man reinigt sich durch Fasten und Gebet, geht in die Einsamkeit an einen
heiligen Ort und bittet Gott, das Höhere Selbst oder den Großen Geist um eine Eingebung.
Es kann sein, dass nichts passiert und man es zu einem anderen Zeitpunkt nochmals
versuchen muss. Die jungen Indianer teilten ihre Vision dem Ältesten mit, der ihnen bei
der Deutung half. Wir sollten uns darüber im klaren sein, dass die Sprache der Indianer
eine komplett andere Struktur hatte. Von der Hopi Sprache ist mir bekannt, dass sie z. B.
keine lineare Zeit kennt und praktisch keine Substantive verwendet. Es ist keine Objekt-
sondern eine Prozesssprache, welche die Welt in "manifest Gewordenes" und
"in Manifestation Befindendes" unterteilt. Das "Ich" verändert sich
dabei stets und fließt mit dem Prozess mit. Wenn man seine Vision in einer
Indianersprache erzählt, wird sie dadurch nicht in ein dreidimensionales Korsett
gezwängt.
Die Zeitqualität
ist chaotisch geworden. Wir wissen nicht wo es hingeht und ob unsere konzeptionellen
Leitbilder in einigen Jahren noch adäquat sind. Die Vision hingegen ist multidimensional
und zeitlos. Sie kann gerade jetzt eine wertvolle Hilfe sein, den richtigen Platz im
"Großen Plan" zu finden. Wenn wir uns auf die Suche begeben, sollten wir daran
denken, die Vision so zu lassen, wie wir sie empfangen haben. Wir sollten vorsichtig mit
der Deutung sein und vielleicht sogar darauf verzichten darüber zu sprechen. Wir können
die Vision für uns bewahren und einfach durch die Erinnerung wirken lassen. Sie wird
dadurch ihre volle multidimensionale Kraft behalten und zur richtigen Zeit auf die
effizienteste Weise in unserem Leben Fuß fassen.
Fragen: Habe ich meine Vision gefunden? Habe ich das Gefühl mit
meiner jetzigen Aufgabe am richtigen Platz zu sein? Ist es Zeit für mich, (erneut) auf
Visionssuche zu gehen?
Multidimensionalität
realisieren
Ich glaube,
dass wir
Teil einer grossen Transformation sind, bei der es darum geht, das alte Weltbild der
Trennung hinter uns zu lassen und Multidimensionalität zu realisieren. Irgendwie tragen
wir dieses Bild als gemeinsame Vision tief in uns, aber wir können es nicht zu einem
Leitbild formulieren, das ihm gerecht würde. Jede Beschreibung könnte stets nur
bestimmte Aspekte skizzieren. Es gäbe Widersprüche, die Diskussionen und Kämpfe
verursachen könnten, die letztlich wie die Religionskriege genau das Gegenteil von dem
bewirken, was im Sinne der Vision war. Vielleicht ist der Zerfall der alten kollektiven
Leitbilder und der Mangel an Neuen eine grosse Chance, die Transformation erfolgreich zu
vollziehen. Die Situation fordert den Einzelnen auf, statt einem Leitbild anzuhängen,
seine eigene Vision zu suchen. Tut er dies, kommt er seiner eigentlichen Bestimmung näher
und realisiert gleichzeitig ein Stück Multidimensionalität.
Die Wirklichkeit und
wir selbst hatten schon immer mehr als drei Dimensionen. Wir werden unser wahres Potential
in dem Masse realisieren, wie es uns gelingt begrenzende Konzepte abzulegen bzw. sie nur
noch dort einzusetzen, wo sie hilfreich sind. Haben wir den Mut und das Vertrauen dazu,
werden wir zur rechten Zeit bekommen, was wir zur Umsetzung der Vision brauchen. Es wird
nicht mehr und nicht weniger sein und oft auf völlig unvorstellbare Weise zu uns kommen.
Trotz oder gerade wegen der individuellen Visionssuche werden auch viele Begegnungen
stattfinden, um gemeinsame Projekte zu verwirklichen.