Das Thema
Markenschutz wurde in der esoterisch-therapeutischen Szene mehrfach aus einer
idealistisch-spirituellen Sichtweise diskutiert. Dabei wurden verschiedene
Falschinformationen verbreitet und der Markenschutz mit dem Patentschutz gleichgestellt
bzw. verwechselt. Mein Beitrag soll die Falschinformationen korrigieren und die Sache
ergänzungshalber einmal aus einer praktischen und realitätsnahen Perspektive beleuchten.
1992 standen wir
selber vor der Frage: Markenschutz ja oder nein? Dabei haben wir versucht zwischen den
verschiedensten Aspekten und Sichtweisen abzuwägen, um zu einer möglichst ganzheitlichen
Entscheidung zu gelangen. Das Resultat war ein eindeutiges Ja. Dieses Ja resultierte nicht
aus dem Bewusstsein, andere könnten einem das Wasser abgraben oder ernten, wo sie nicht
gesäht haben. Es waren ganz andere Gründe ausschlaggebend. Wer schon lange im
therapeutischen Bereich arbeitet, weiss, dass trotz Markenschutz überall wacker
abgekupfert wird. Das ist auch gut so, denn gerade dadurch sind immer wieder äusserst
fruchtbare Ansätze für neue Methoden entstanden.
Vorab tut es Not,
Folgendes richtig zu stellen: Der Zweck des Markenschutzes ist keineswegs die Unterbindung
von Nachahmungen. Im Markenschutzgesetz heisst es: Der Markenschutz bezieht
sich nicht auf die Ware selbst, d.h. er hindert andere nicht die gleiche Ware herzustellen
oder in den Handel zu bringen. Das gilt für Dienstleistungen genauso. Das
Übernehmen einer bestimmten Technik oder Methode ist gesetzlich nicht verboten.
Hierzu wären quasi therapeutische Verfahrenspatente erforderlich, die es aber nicht gibt.
Der Markenschutz verbietet jedoch die Verwendung des gleichen Namens. Wie wir noch sehen
werden, ist diese Regelung im Sinne von Transparenz sinnvoll und in gewissen Bereichen
sogar nötig.
Der triftigste Grund
für ein deutliches Ja zur Marke ist ihre eigentliche Funktion. Das Markenschutzgesetz
definiert sie so:
Die Marke dient dazu, Waren und/oder
Dienstleistungen eines Unternehmens von jenen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
Wer
"Addidas" Turnschuhe kaufen will, der sollte davon ausgehen können, dass er
unter diesem Namen auch dieses Fabrikat erhält. Was gleich aussieht oder gleich heisst,
ist nicht immer gleich. Ein kleiner Unterschied zwischen Kopie und Original kann in
manchen Fällen grosse Folgen haben. Je komplexer eine Sache ist, umso wichtiger wird die
Übereinstimmung. Bei Computern beispielsweise können Kompatibilitätsprobleme zu
Systemabstürzen führen.
Therapie bedeutet u.a. auch, dass man mit empirischen Methoden das hochkomplexe Wesen
Mensch beeinflusst. Empirisch heisst: aus der Beobachtung erwachsen, auf Erfahrung
beruhend. Erfahrung mit einer Methode hat jedoch nur derjenige, der sie im Laufe mehrerer
Jahre selber entwickelt hat oder eine entsprechend fundierte Ausbildung durchlaufen hat.
Demjenigen aber, der eine Methode kurzerhand übernimmt oder selber schnell erfindet,
fehlt die Erfahrung im Umgang damit.
Wird eine nicht
geschützte Arbeit von anderen übernommen und in unseriöser Weise unter gleichem Namen
praktiziert und verbreitet, so muss der seriöse Anbieter den Namen seiner Methode
wechseln, sonst läuft er Gefahr, in den "gleichen Topf" geworfen zu werden. Wem
die eigene Arbeit also etwas wert ist, der sollte allein schon deswegen einen Markenschutz
beantragen. Besonders wichtig ist dies in Arbeitsbereichen, in denen es viele fragwürdige
Anbieter gibt. Einerseits ist ein Markenschutz noch keine Garantie für gute Qualität,
andererseits fehlt er offensichtlich dort, wo über längere Zeit fundierte Arbeit
geleistet wurde fast nie (z.B. Feldenkrais, Middendorf, Rolfing, Orgodynamik, Trager,
Rebalancing, HoloEnergetic, usw.). Es fällt auch auf, dass die mit einem R versehenen
Methoden oft den Körper miteinbeziehen. Vielleicht sind ihre Begründer daher
realitätsbezogener und denken ganzheitlich bzw. sind frei von einseitig
esoterisch-spiritueller Wertung und Ideologie.
Da sich der Markenschutz in der Regel nur dort lohnt, wo eine Arbeit langjährig gewachsen
ist, möchten ich an dieser Stelle das Bild des Baumes erwähnen, der nach einigen Jahren
Früchte hervorbringt.
Wie wichtig der
Faktor Unterscheidbarkeit inzwischen ist, zeigt sich sehr deutlich im Bereich Reiki. Da
hier besonders viele Anbieter am Markt sind, müssen immer wieder neue Verkaufsstrategien
erfunden werden. Es ist unglaublich, was sich die Leute alles einfallen lassen, um ihr
"Produkt" zu verkaufen. Während die einen überall ununterbrochen inserieren,
mystifizieren andere und bieten Geheimgrade 5+6 oder mit Reiki geweihte Heilkristalle an.
Reiki schneller, Reiki besser, Reiki billiger... Tja und da staunten wir nicht schlecht,
als jemand die Mär verbreitete, Fusseinweihungen seien für Reiki unbedingt nötig, weil
sie zum Original-Reiki (USUI-System der Natürlichen Heilung) gehörten; sie seien von
Usui nur wenigen Auserwählten gezeigt worden und deshalb lange Zeit unbekannt geblieben.
Meines Wissens sind Fussöffnungen von Gerda Edith Drescher Ende der 80er Jahre auf
therapeutischen Wege entwickelt, optimiert und die Arbeit mit Reiki integriert worden.
Damals war Reiki noch nicht sehr verbreitet in Europa. Die wenigen Lehrer kannten sich
alle. Niemand sprach von Füssöffnungen bis Gerda Drescher ihre Arbeit vorstellte. Ihre
Fussöffnungen (was andere tun, weiss ich nicht) bewirken u.a. eine verstärkte Erdung und
bedingen die Bereitschaft, sich mit dem unteren Pol, zu dem auch das Unbewusste,
Unerlöste und der eigene Schatten gehören, auseinander zu setzen. Sie erfordern einen
prozessorientierten Umgang mit der Reiki-Kraft und entsprechende Erfahrung. Aus diesem
Grunde werden sie nur von ausgebildeten und autorisierten Lehrern ausgeführt.
Eine
Qualitätskontrolle ist nur möglich, wenn eine Markenanmeldung - in diesem Falle
"Rei-Ki-Balancing" - gemacht worden ist. Wir sind froh, dass wir uns dafür
entschieden haben. Es erlaubt uns und den von uns ausgebildeten Lehrern im Dschungel des
Reiki-Wildwuchses erkennbar und unterscheidbar zu bleiben. Das Beispiel Reiki zeigt
deutlich, dass der Markenschutz im esoterisch-therapeutischen Bereich eine unerlässliche
Massnahme zur Unterscheidung und Abgrenzung geworden ist.
Auch der
esoterisch-therapeutische Bereich unterliegt den irdischen Gesetzen des Rechtsstaates. Wer
eine seriöse Arbeit entwickelt und aufgebaut hat, sollte einen Markenschutz beantragen,
denn gemäss dem Markenschutzgesetz gilt der Grundsatz: Wer zuerst hinterlegt,
dem steht die Marke zu. Es kann einem also passieren, dass ein anderer
unabsichtlich oder auch absichtlich den gleichen Namen für die gleiche Arbeit schützen
lässt und man gezwungen wird, all seine Prospekte, Geschäftspapiere und Unterlagen
umzubenennen. Es gibt mehrere Beispiele, wo genau das passiert ist und ein beträchtlicher
direkter Verlust entstand. Rechnet man zu diesen Kosten die für den neuen Namen nötigen
Werbeaufwendungen hinzu, so kann das bei kleinen Reserven direkt an die Existenz gehen.
Durch den enormen
Zuwachs an neuen Methoden und Anbietern wird die Übersicht künftig noch mehr erschwert;
das ist nicht zu vermeiden. Die Unterscheidungsmöglichkeit kann aber gewährleistet
werden. Deshalb sollte da, wo es angemessen ist, der Markenschutz aus Bequemlichkeit oder
aus einseitig esoterisch-spiritueller Ideologie nicht unterlassen werden.